- Sport -

Eine unserer hausgezimmerten Definitionen lautet: je mehr Freizeit, desto mehr Kultur. Wer alle Hände voll damit zu tun hat, irgendwelche Wurzeln aus der Erde zu kratzen oder andauernd vor wildgewordenen Säbelzahntigern zu flüchten, findet kaum die Zeit Bilder zu malen; sich Gedanken über den Sinn des Lebens zu machen; endlose Runden durch ein Stadion zu traben - oder gar anderen dabei zuzusehen, wie sie endlose Runden durch ein Stadion traben.

Erst Menschen, die einfach zuviel Zeit haben, kommen auf solche verschrobenen Ideen, und da in den letzten Jahren der Freizeitzuwachs nicht gerade unerheblich war, wurden auch die Ideen immer bescheuerter. Früher begnügte man sich noch damit schneller zu rennen, weiter zu werfen oder kräftiger zuzuschlagen, als die Konkurrenz. Heute dagegen fährt man bereits mit dem Fahrrad von der Zugspitze, hockt wochenlang auf meterhohen Pfählen oder klettert mit verzücktem Augenschlag an 92stöckigen Wolkenkratzern hoch. Und komischerweise finden sich immer genug Begeisterte, die einen derartig spektakulären Schwachsinn begierig zur Kenntnis nehmen - und sei es mit der lautstarken Erkenntnis, daßes sich dabei vermutlich um " ziemlich spektakulären Schwachsinn" handelt.

Jedenfalls ist nie eine Kamera dabei, wenn jemand zum 200-Meter-Sprint mit zwei gut gefüllten Plastiktüten durch die überfüllte Fußgängerzone ansetzt, um den 18-Uhr-22-Bus noch zu erwischen. Keine Meute hechelnder Paparazzi verfolgt die rasende Irrfahrt des entnervten Familienvaters am Lenker eines kaum steuerbaren Einkaufswagens, kurz vor Ladenschluß im Supermarkt. Keine blonden Grazien überreichen dem glücklichen Finder eines Innenstadt-Parkplatzes einen Siegeskranz. Und keine Mikrofone recken sich dem Arbeitnehmer entgegen, der es - trotz dreier Großbaustellen - geschafft hat, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Dafür jedoch hocken Millionen am Fernsehgerät, wenn so ein paar Lenkradhelden für nichts-und-wieder-nichts immer im Kreis fahren, um am Ende genau da anzukommen, wo sie auch losgefahren sind. Und es wird sogar applaudiert, wenn es einem unschuldigen Pferd gelingt, über ein paar Stangen zu hoppeln, die irgendwer ihm in den Weg gestellt hat. Und wohlgemerkt: Den Preis und den Beifall kriegt der Reiter und nicht etwa das Pferd, das ohne seinen Chef vermutlich auch schlau genug gewesen wäre, einfach um diese albernen Stangen rumzulaufen.

Und damit wären wir wieder mal bei der Frage: Werden wir von Außerirdischen beobachtet? Wenn ja, dann müssen die Jungs in ihrem Raumschiff sich angesichts unserer sportlichen Meisterleistungen immer wieder fragen, wie diese Menschen eigentlich funktionieren - im Kopf.
 

zitiert aus der offiziellen PTW-Homepage
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