- Hygienewerbung
-
Abgesehen davon, daß
man sich sowieso über praktisch jede Form von Reklame stundenlang
aufregen mag - gibt es definitiv eine Produktpalette, die ganz besonders
fatale Resultate produziert. Sämtliche Dinge, die irgendwie irgendwas
sauber machen sollen, kommen regelmäßig aus dem Mariannen-Graben
moderner Werbe- Psychologie. Da gerät das ganze Leben aus den Fugen,
weil der Pullover kratzt; da müssen Hausfrauen mit den Tränen
kämpfen, weil das "herkömmliche Mittel" den Schmutz nicht vom
Boden kriegt; da gehen Freundschaften in die Brüche, weil das Vollwaschmittel
versagt hat und ganze Dörfer messen sich in einem fröhlichen
Abwaschwettkampf. Ein Stück dümmlicher als das andere; kein Witz,
kein Charme, kein Pfiff - statt dessen muß man immer wieder fassungslos
zusehen, wie zwei Pullover nach der Wäsche miteinander verglichen
werden; wie langmähnige Frauen vollkommen unmotiviert ihre Haare in
den Wind schütteln und wie Zahnbürsten gegen Tomaten gedrückt
werden.
Das komische dabei ist, daß
die Reinlichkeitsbranche irgendwie vollkommen unbeleckt von jeder neuzeitlichen
Erkenntnis zu sein scheint: Während man anderswo allmählich zur
Überzeugung gelangt ist, daß Werbespots durchaus witzig, pfiffig,
überraschend oder wenigstens gut gemacht sein darf, halten die Waschmittelvertreter
und Duschgel-Verkäufer Humor oder Phantasie glattweg für Geschäftsschädigung.
Was die Sauberkeit anbelangt, kennen wir nämlich keinen Spaß:
das muß wirken, das muß blitzen und strahlen. Das ist ein ganz
ernstes Thema - und deshalb werden dann ja auch immer diese belehrsamen
Trick-Filmchen eingebaut, in denen mit eindringlicher Stimme erklärt
wird, wie gelbliche Schlangenlinien in unsere Zähne eindringen, wie
Schmutzpartikel sich in den Teppichfasern geradezu festsaugen oder wie
sich unsere Haupthaar bei der Benutzung des falschen Waschmittels in ein
widerwärtiges Gespinst spröder Fasern verwandelt.
Angesichts der Tatsache,
daß wir bereits seit der Erfindung des Fernsehens permanent mit den
gleichen Hygienespots berieselt werden, ist es kein Wunder, daß die
Mehrheit sich nicht vor der Klimakatastrophe oder einem Angriff aus dem
Weltraum fürchtet, sondern vor Kalkflecken an der Dusche, Rändern
an den Sektkelchen und verzweifelten Kinderaugen, die nicht verstehen können,
warum ihr geliebtes Fußballtrikot seine Farben verloren hat, während
die Mutter von Niklas das irgendwie hinkriegt, daß die Farben immer
noch leuchten. Mit Restflecken in der Wäsche beginnt der soziale Abstieg.