- Das Ei -

Zu den unbestrittenen Vorzügene eines gemeinen Hühnereis zählt seine geradezu erstaunliche Flugfähigkeit. Während Hühner selbst eher am Boden hocken, sind im Laufe der Erdgeschichte sicherlich mehr Eier geflogen als, sagen wir mal, Zeppeline. Das Ei hat - ganz im Gegensatz zum Huhn - eine überaus aerodynamische Formgebung, es richtet sich im Fluge mit der stumpfen Seite nach vorn, wird von der Luft fast ideal umströmt, während das Heck (also die spitze Seite des Eis) entstehende Verwirbelungen fast ideal auflöst.

In einer parapolischen Flugbahn kann ein Ei erstaunliche Entfernungen zurücklegen, wobei alledings ein Bericht von Emily Hazeltine aus der englischen Grafschaft Surrey doch eher ins Reich der Legende gehört. Miss Hazeltine behauptete 1954 ein Hühnerei bei einem Streit mit ihrem Großvater bis nach Nordafrika geschleudert zu haben. Eine Expedition im Jahre 1962 fand zwar in der Nähe der marokkanische Oase Bou-Sa-Leh (richtig geschrieben ???) Überreste eines Hühnereis, es konnte aber nie zweifelsfrei nachgewiesen werden, das es sich dabe um das Ei handelte, das Miss Hazeltine acht Jahre zuvor nach ihrem Großvater geworfen hatte.

Auch in einem Bericht der UN-Kommission Sifri von 1982 werden Hühnereier weder zu den Lang- noch zu den Mittelstreckenwaffen gezählt. Mehr noch: das schwedische Oberverwaltungsgericht von Uppsala bezweifelt in einem vielbeachteten Grundsatzurteil, daß Eier überhaupt in die Kategori der Waffen gerechnet werden dürfen.Wenn überhaupt, meinten die Richter, sei das Ei eine non-destruktive Waffe, deren Zweck weniger Zerstörung, als häßliche Flecken auf teuren Anzügen sei. Tatsächlich sind auch nur wenig Fälle bekannt, in denen fliegende Eier zu Personenschäden führten und in mindestens einem Fall hatte die Kollision eines menschlichen Schädels mit einem fliegenden Ei einen durchaus positiven Effekt: Der 62jährige Bergarbeiter Igor Petruschkin wurde bei einem Streit in Nischninowgorod 1992 von einem zufällig herumfliegenden Ei getroffen, danach nahm er ein Hochschulstudium auf und promovierte 1996 in angewandter Lebensmittelchemie.

Aber was hat das Ei eigentlich mit Ostern zu tun?
Die simple Begründung, Ostern und das dazugehörige Ei seien doch irgendwie eine runde Sache, ist einfach nur blöd. Schließlich ist das Ei gar nicht richtig rund, sondern eben eiförmig und wenn etwas eiert, dann läuft's eben nicht mehr rund.

Auch als Botschafter des herannahenden Frühlings macht das Ei keinen sonderlich kompetenten Eindruck. Hühner legen ihre Eier das ganze Jahr über, die saisonale Nachfrage nach Ostereiern kann nur noch durch die massenhafte Vermarktung von hühnerfremden Ersatzeiern gestillt werden.

Ebenfalls eher unglaubwürdig sind mystische oder gar religiöse Deutungen des Eis. Ignatius von Salamnca entging nur knapp der Inquisition, als er 1614 behauptete, das Ei würde mit seiner Trennung von Schale, Dotter und Eiweiß die heilige Dreifaltigkeit symbolisieren. Unter Tränen leistete Ignatius Abbitte und beteuerte, daß er es ganz bestimmt nicht so gemeint hätte und daß bei der Formulierung seiner These auch ein guter Liter spanischen Rotweins mit im Spiel gewesen wäre.

Wie dem auch sei, es gibt nicht den leisesten Grund, warum zu Ostern ausgerechnet das Hühnerei so innig verehrt wird, aber es gibt Theorien, die das Allerschlimmste vermuten lassen...

© vicus 2001