"Augenblick - es ist nur ein Moment"
Xmal Deutschland wurden 1980 in Hamburg vom Anja Huwe (voc.), Manuela Rickers (git.), Fiona Sangster (keyb.), Rita Simon und Caro May gegründet.
Simon und May wurden kurze Zeit später durch Wolfgang Ellerbrok (bass) und Manuela Zwingmann (dr.) ersetzt. Die erste Single erschien 1980 auf dem Hamburger Label ZickZack, ein Jahr später wurde der Song "Kälbermarsch" auf einem Labelsampler veröffentlicht. Klangen diese ersten Aufnahmen noch etwas lärmig und unfertig, so änderte sich dies mit "Incubus Succubus" 1982. Produziert von Frank Z (Abwärts) war dies der erste "Mini-Hit" der Band und wurde auch in späteren Jahren auf Konzerten stets abgefeiert. Anja Huwes Stimme wurde als "fünftes Instrument" eingesetzt und sie war (unfreiwilliges?) optisches Aushängeschild der Band, die sich dagegen wehrte als "Frauenband" eingestuft zu werden - Wolfgang Ellerbrok wurde daher als männliches Aushängeschild deklariert.

Ungewöhnlich ist, daß die Band - obwohl die Texte (zunächst) ausschließlich in deutscher Sprache verfaßt waren - in England recht schnell relativ erfolgreich wurde, in Deutschland hingegen nie sonderlich bekannt geworden ist. Xmal Deutschland tourten 1982 als Vorband für die Cocteau Twins durch England und wechselten zum Label 4AD. Mit ihrem kalten, athmosphärischen und zuweilen aggressiven Sound und der Stimme von Anja Huwe, die zuweilen sogar an die Brillianz von Siouxsie Sioux heranreichte begann nun die erfolgreichste und auch künsterisch ergiebigste Zeit der Band.

Die erste Maxi für das neue Label "Qual" (1983) und das nachfolgende Album "Fetisch" waren in den britischen Indie-Charts recht erfolgreich, ebenso wie das Remake ihres bis dato größten Erfolgs "Incubus Succubus II". Manuela Zwingmann stieg danach aus der Band aus. Neuer Schlagzeuger wurde Peter Bellendir.

1984 nahm die Band das Album "Tocsin" auf. Die LP war in sich sehr viel geschlossener als das Debütalbum und auch die Produktion war qualitativ ein gewaltiger Schritt nach vorne. Mit "Mondlicht" haben Xmal Deutschland eines der schönsten New Wave-Stücke überhaupt geschaffen und wäre die Platte ein wenig erfolgreicher gewesen, so wäre es wohl ein Klassiker geworden. Aber auch keines der anderen Stücke fällt gegenüber diesem Song ab, so daß ich nur jedem raten kann, sich diese Platte schleunigst zu besorgen.

Mit den Singles "Sequenz" (1985) und "Matador" (1986) kündigte sich ein Einschnitt im Schaffen von Xmal Deutschland an: Zum ersten Mal wurden englische Texte verfaßt, ebenso wie auf der folgenden Single "Sickle Moon" (1987). Die B-Seiten hingegen waren im bewährten Xmal-Stil in Deutsch getextet, ein Prinzip, daß sich auch auf dem folgenden Album "Viva" (1987) fortsetzte.

Die Platte ist nicht zuletzt deshalb so homogen wie "Tocsin". Obwohl die anschließende Tour in Deutschland recht erfolgreich war (ein Konzert aus Bremen ist als Video-Bootleg erhalten geblieben), konnte auch mit "Viva" nicht der große Durchbruch erzielt werden, auf den die Band offenbar hoffte.

Die alte Bandbesetzung brach auseinander und 1989 veröffentlichten Anja Huwe und Wolfgang Ellerbrok, verstärkt durch Frank Z. (Abwärts) unter dem alten Bandnamen die LP "Devils", die deutlich stärker in Richtung Mainstream ging. Die Band äußerte sich später sehr unzufrieden mit der Produktion, zudem wurde die Platte seitens der Plattenfirma äußerst eigenwillig vermarktet - z.B. war die LP ausgerechnet in Großbritannien, dem Land, in dem Xmal Deutschland ihre größten Erfolge feiern konnten, nicht erhältlich.

Die Platte floppte und damit waren Xmal Deutschland dann endgültig Geschichte. Versönlicher Abschluß der unseligen letzten Phase dieser eigentlich doch großartigen Band war die wunderschöne B-Seite der letzten Single: "The girl in the iron mask", geschrieben von Billy Bragg.

Anja Huwe tauchte später nochmal kurz als Assistentin in der Musik-Gameshow "Musiq" mit Lou Richter im dritten Programm des NDR-Fernsehens auf und arbeitete später beim Musiksender Viva. Heute lebt und arbeitet Sie als freischaffende Malerin in Hamburg.

Manuela Rickers spielte später zusammen mit Peter Bellendir bei Fish for Fish , Whiteouts und dem Rossburger Report. 

Fiona Sangster lebt in Hamburg.

Manuela Zwingmann war Mitglied der ersten Inkarnation von All About Eve und lebt heute in England.

Peter Bellendir spielte nach seiner Zeit bei zahlreichen z.T. sehr unterschiedlichen Bands (Fish for Fish, Whiteouts, Rossburger Report, Eisenvater), schrieb Songs u.a. für Andrew Eldritch (The Sisters of Mercy) und arbeitete als Schlagzeuglehrer in Hamburg. Er starb nach schwerer Krankheit am 3.2.2013 in Hamburg.

Zu Wolfgang Ellerbrok, Caro May und Rita Simon habe ich keinerlei Infos. 

Frank Z. ging nach dem Ende von Xmal Deutschland zurück zu "Abwärts". 

(C) vicus 1999/2013
zurück