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"We are no fucking Goffs!"

Im April 1985 verließ Gitarrist und Gründungsmitglied Gary Marx die Sisters of Mercy. Die Gründe sind nicht ganz klar: einerseits (so heißt es) soll es Differenzen mit Andrew Eldritch über den Bandsound gegeben haben, anderseits fühlte er sich wohl gegenüber dem 84er-Bandneuzugang Wayne Hussey als Songschreiber benachteiligt. In einem 89er Interview meinte er rückblickend, daß die Zeit bei den Sisters als Songschreiber eine recht frustrierende gewesen sei. "Ich habe jede Menge Songs geschrieben, aber es gab keine Verwendung dafür."

Betrachtet man die 85er Sisters-LP "First and Last and Always", so fällt auf, daß die Hussey-Kompositionen zwar schneller ins Ohr gehen, irgendwann aber recht unspannend sind ("Walk Away"). Die Kompositionen von Gary Marx hingegen sind bis heute echte Highlights im Sisters-Back-Katalog und auch heute noch Teil der Konzerte ("First and Last and Always", "Amphetamine Logic"). Kurze Zeit nach seinem Ausstieg zerbrach die damalige Sisters-Besetzung endgültig.

Zur gleichen Zeit stieg auch die Sängerin Anne-Marie bei Skeletal Family aus (oder wurde sie gegangen?). Die Skeletal Family war u.a. 1984 Vorband für die Sisters auf deren "Black October"-Tour gewesen. Wurden schon die Sisters immer wieder in den Gothic-Topf geworfen, so trifft dies auch (nicht ganz unberechtigt) für Skeletal Family zu. Allerdings widerlegte auch diese Band die Einstufung in diese Schublade auch immer wieder durch die Auswahl recht ulkiger Coversongs ("Batman", "Stand by Me").

Ergänzt durch die Drummaschine (!) Pandora wurden die ersten Demos gemacht. Gary Marx war zu dieser Zeit noch vertraglich an die WEA gebunden. Im Juli 1985 legten sie der WEA ein Tape mit 5 Stücken vor: "Cruel Light", "No Return", "Gone Tomorrow", "Yesterday Again" und "Holding On". Die Plattenfirma biß nicht an und Gary Marx war aus seinem Vertrag heraus. Er war frei und GHOST DANCE waren geboren.

Gerüchteweise sollten GHOST DANCE so etwas wie eine "New-Wave-Supergroup" werden, neben Marx und Anne-Marie mit Ex-Mitgliedern von New Model Army und Southern Death Cult (die späteren The Cult). Diese Gerüchte erwiesen sich als falsch. Mit dem Bassisten Etch fand das erste GHOST DANCE-Konzert am 29. November 1985 statt. Anfang 1986 kam dann Steve Smith von Red Lorry Yellow Lorry dazu. Er spielte die Radio-Session bei Janice Long mit ein, wurde aber nach Aufnahme der "River of No Return"-EP (VÖ 18.4.1986) durch Paul Southern (ebenfalls vorher RLYL) ersetzt, da er seine eigene Band RIPRIZE startete. Southern blieb auch nicht lange - bereits im Juli wurde er durch Richard Steel abgelöst.

Ende Juli 1986 folgte die EP "Heart full of Soul", die ausschließlich Coversongs beinhaltete. Bis Ende 1986 war die Band in Großbritannien, den Benelux-Staaten und der BRD auf Tour. Bei einigen dieser Konzerte wurde die Band von dem Live-Schlagzeuger John Grant begleitet. Auf "The Grip of Love" (VÖ 31. Oktober 1986) kam aber wieder Pandora zum Einsatz.

Die ersten drei Singles "River of no Return", "The Grip of Love" und "Heart full of Soul" wurden Hits in den Indie-Charts und sind heute gesuchte Raritäten.

1987, Pandora war mittlerweile endgültig durch John Grant ersetzt worden, enterte "A Word to the Wise" die englischen Top-100. Die anschließende Tour durch Großbritannien war komplett ausverkauft. Eine Compilation mit den Songs der ersten drei Maxis erschien: Gathering Dust. Diese LP markierte zugleich das Ende der Zusammenarbeit von GHOST DANCE und Karbon-Records.

Im folgenden Jahr spielten GHOST DANCE auf zahlreichen Festivals, u.a. Reading. Zudem bildete sich ein "harte Kern" an Fans, die der Band überallhin nachreiste. "The Spook Squad" tauchten sogar mit etwa 70 Leuten auf einem Konzert der Band in Paris auf.

Weitere Touren folgten und Ende 1988 unterschrieben GHOST DANCE einen Plattenvertag beim Major "Chrysalis". Die Band blickt sehr optimistisch in die Zukunft und versprach sich sehr viel von dieser Zusammenarbeit. Sie verbrachte nahezu ein halbes Jahr im Studio und entwickelte ihren Sound in eine Richtung, die bei der Plattenfirma Stirnrunzeln auslöste: lupenreiner Mainstream-Pop. Obendrein wollten sich GHOST DANCE von ihrem Grufti-Image befreien. Das über dieser Seite stehende Zitat von Anne Marie stammt aus einem Interview mit dem Melody Maker 1989.

Trotzdem wurde eine recht aufwendige Werbekampagne gestartet, die erste Maxi "Introducing Ghost Dance" erschien in diversen Formaten, u.a. als 12"-Single in Klappcover. Die Maxi floppte, genauso wie das (von der Presse eigentlich recht wohlwollend aufgenommene) Album "Stop the World". Das Album war perfekt eingespielt - so perfekt, daß die Musik klinisch tot wirkte. Trotzdem waren einige der Songs echte Perlen, insbesondere die Live-Bonusstücke auf der Album-CD und der Vinylfassung von "Introducing...". Die neuere Fassung von "Celebrate" wurde die zweite Single (gab es sogar als Picture-12"). Selbst dieser geniale Song, bereits auf der Debüt-Single enthalten, klang in der neueren Fassung langweilig.
Zudem kam irgendjemand auf die vollkommen absurde Idee, GHOST DANCE als Anheizer für die RAMONES (!!) anzusetzen. Das konnte natürlich nur schiefgehen. Bestenfalls ging die Band im Desinteresse der Ramones-Fans unter. 1989 wurden GHOST DANCE von Chrysalis rausgeworfen, persönliche Differenzen in der Band kamen hinzu. Anfang 1990 löste sich die Band auf.

GHOST DANCE hinterließen einige großartige Songs, eine geniale Compilation und ein recht durchwachsenes Album.

Anne-Marie Hurst versuchte sich daran eine Solo-Karriere zu starten (ob überhaupt eine Platte erschien, weiß ich nicht). In 2003 sollte sie zunächst bei der Reunion der Skeletal Family mit dabei sein, aber aus (angeblich) familiären Gründen nahm sie wieder Abstand von diesen Plänen. Sie wurde dort durch eine andere Sängerin ersetzt.
Etch spielte später u.a. bei THE MISSION, LOUD und ALL ABOUT EVE.

Gary Marx arbeitete zunächst in der Musikszene von Leeds mit lokalen Musikern, später arbeitete er angeblich (laut  DOMINION-Mailinglist) zunächst an der Musikschule in Wakefield, sowie später an der in Liverpool, die durch die Unterstützung von Paul McCartney bekannt wurde. 2004 veröffentlicht Gary Marx ein Soloalbum und eine Sammlung von Demos, die er 1995 ursprünglich für Andrew Eldritch und seine Sisters anfertigte, aber nie Verwendung fanden. Zudem fabrizierte er in 2004 in Zusammenarbeit mit "QuiffBoy" die offizielle Homepage von Ghost Dance, die neben sehr ausführlichen Blicken hinter die Kulissen von Ghost Dance auch reichlich Downloads (Audio und Video!) bietet.

Im Juli 2005 folgt die Wiederveröffentlichung von "Gathering Dust". Weitere Re-Releases sind angekündigt und werden voraussichtlich über die GD-Homepage erhältlich sein.

Die frühen Vinyl-Maxis sind leider heute recht schwierig aufzutreiben, aber vor allem "River of No Return", "The Grip of Love", "A Word to the Wise", aber auch die (Vinyl-) Maxi "Introducing GHOST DANCE" sind auchdie  Sammlerpreise um die 25 EURO wert.

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